Mit seinem viel beachteten Urteil vom 26.03.2020 (C 66/19) hatte der EuGH entschieden, dass eine Klausel in der Widerrufsinformation, die sich in quasi sämtlichen zwischen dem 11.06.2010 und dem 19.03.2016 abgeschlossenen Darlehensverträgen findet, gegen EU-Recht verstößt.
Die Feststellung des EuGH bezog sich auf die sogenannte „Kaskadenverweisung“.
Den darauf begründeten Hoffnungen der Verbraucher, dass dadurch der Weg für den Widerruf von zahlreichen Immobiliardarlehen eröffnet ist, hat der Bundesgerichtshof nun einen Strich durch die Rechnung gemacht.
In seinem Beschluss hat der Bundesgerichtshof am 31.03.2020 in dem Verfahren XI ZR 581/18 unter Berufung auf das EuGH-Urteil einen Widerruf von Immobilienkreditverträgen wegen der Kaskadenverweisung durchsetzen zu können, eine klare Absage erteilt.
Der Bundesgerichtshof hat kurzer Hand die Feststellungen des EuGH zur Unzulässigkeit der Kaskadenverweisung als unmaßgeblich für den Bereich deutscher Immobilienkreditverträge erklärt. Er ist der Auffassung, die EU-Verbraucherschutzrichtlinie gelte nicht für grundpfandrechtlich abgesicherte Immobilienkredite und über die Richtlinienkonformität der nationalen Gesetzgebung entscheide zudem ausschließlich die nationale Gerichtsbarkeit.
Der BGH verweist in der Entscheidung vom 30.03.2020 auf sich selbst und teilt lapidar mit, dass er bereits in der Vergangenheit die „Klarheit und Verständlichkeit“ der Kaskadenverweisung bestätigt habe. Der BGH sieht keinen Bedarf, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Das ist deswegen erstaunlich, weil der EuGH mit Verweis auf seine eigene Rechtsprechung in seinem Urteil vom 26.03.2020 damit argumentiert, dass er auch dann zur Entscheidung berufen ist, weil der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften der Verbraucherkreditrichtlinie auch für Immobiliardarlehen umgesetzt bzw. zusammengefasst habe. Deshalb ist der der EuGH nach eigener Auffassung auch hierzu zur Entscheidung befugt.
Dies sieht der BGH mit seinem oben genannten Beschluss jedenfalls für die Anwendung und Auslegung nationalen Rechts anders und verschafft für eine etwaige Widerruflichkeit von Immobiliardarlehen mit Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben (sog. Kaskadenverweis) vor nationalen Gerichten für die Zukunft Klarheit. Es ist davon auszugehen, dass sich die Instanzgerichte an dieser Entscheidung des BGH orientieren werden.
Offen bleibt aber weiterhin, ob und in welcher Form das EuGH-Urteil Auswirkungen auf andere mit Widerrufsinformationen versehene Verbraucherverträge (insbesondere KFZ-Finanzierungen und Leasingverträge) haben wird, die mit dem „Kaskadenverweis“ ausgestaltet sind.
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